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Experten-Interview Februar 2021



Gehörlose Mitarbeitende in allen Hierarchieebenen - equalizent expandiert nach Deutschland

 

equalizent ist ein österreichisches Unternehmen mit Schulungs- und Beratungsangeboten für Gehörlose, Schwerhörige und Hörende. Die Wiener Firma expandiert über ein Social Franchise nach Deutschland und sucht dort nach Franchise-Partnern. Hierzu habe ich Andreas Rothe, Kommunikationsmanagement von equalizent, interviewt.

 

Herr Rothe, können Sie unseren Lesern kurz die Firma equalizent vorstellen?

Gerne. Unsere Schwerpunkte sind Bildung, Beratung und Gebärdensprache. Unser Schulungszentrum bietet Schulungen für gehörlose Menschen in Gebärdensprache, Gebärdensprachkurse für Hörende sowie Sensibilisierung für Unternehmen an. Neben diesem Kerngeschäft, dass im equalizent Social Franchise andernorts dupliziert werden soll, hat equalizent in Wien außerdem den bunten „Diversity Ball“ und die Dauer-Ausstellung „HANDS UP – Erlebnis Stille“ geschaffen.

Unser Unternehmen wurde 2004 gemeinsam von gehörlosen und hörenden Personen gegründet. Heute arbeiten über 60 Personen in unserem Social Business, davon sind rund 30% gehörlos. Gehörlose Mitarbeitende gibt es bei uns in allen Hierarchieebenen, von der Haustechnik über Trainierende und Projektleitungen bis zur Geschäftsführung. Gebärdensprache und Schriftsprache sind bei uns als selbstverständlich gleichberechtigte Unternehmenssprachen.

 

Nach 15 Jahren Erfahrung möchte equalizent also jetzt auch in Deutschland Niederlassungen aufbauen. Warum?

In Wien haben wir über die Zeit von mehr als 15 Jahren so viele pädagogische Konzepte, Schulungen, Methoden und Inhalte entwickelt. Gemeinsam arbeiten wir alle jeden Tag an der Verbesserung der Chancen von tauben Menschen. Durch bessere Bildung in ihrer Erstsprache steigen ihre Chancen am Arbeitsmarkt. Unsere gehörlosen Trainerinnen und Trainer sind Vorbilder und hervorragende Lehrkräfte – mit viel Erfahrung für die spezifischen Bedürfnisse unserer Teilnehmenden.

 

Aber leider gibt es nicht überall ein equalizent. Auch in Deutschland in die Lage was Weiterbildung für taube Menschen angeht an vielen Orten … verbesserungswürdig. Deswegen ist unsere Vision, dass es bald in allen Regionen Deutschlands einen equalizent Standort geben soll. Deutschland ist für uns der nächste logische Markt – aufgrund der gemeinsamen Schriftsprache und der vielen Vernetzungen zwischen unseren beiden Ländern.

 

Auf Dauer wollen wir dann europaweit expandieren. Deshalb wird unser Projekt auch im Rahmen des EU-Programms „Horizon 2020“ unterstützt.

 

Apropos Unterstützung: Sie unterstützen mit Ihren Schulungen gehörlose und schwerhörige Personen sowie Menschen mit anderen Behinderungen dabei Arbeit zu finden. Wird dies auch eine wichtige Aufgabe Ihrer Franchise-Partner werden?

Ja, der Schwerpunkt im equalizent Franchise liegt auf Angeboten für gehörlose und schwerhörige Menschen in Gebärdensprache. Dazu gehören auch Job-Orientierung, Beratung und Begleitung bei der Arbeitssuche. Während wir in Wien auch Angebote für Menschen mit anderen Behinderungen haben, wollen wir uns im Social Franchise auf unsere Kernkompetenz rund um Gebärdensprache und taube Menschen konzentrieren.

 

equalizent ist ein Unternehmen, das wirtschaftlich erfolgreich arbeitet. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Gesellschaft durch ihre Arbeit zu verbessern. Wie gehen Sie in Österreich dabei konkret vor? Und wie stellen Sie es sich in Deutschland vor

Wirtschaftlich arbeiten und die Gesellschaft gleichzeitig zum Positiven verändern geht, das zeigen wir in Wien seit Jahren. Dafür gilt es grundsätzlich den richtigen Mix aus geförderten Schulungen und frei-finanzierten Angeboten zu schaffen. Auch Wissen rund um Fördergebende und staatliche Organisationen rund um Bildung und Arbeitsmarkt ist relevant. Hier sind wir in Deutschland in die Tiefe gegangen und fokussieren auch deshalb zunächst auf diesen Markt. Genau dieses Wissen ist Teil unseres Social Franchise Paketes, das wir dem Management einer Franchise-Partnerin anbieten.

 

Was sind die Voraussetzungen für eine ideale Franchise-Partnerschaft?

Potentielle equalizent Social Franchise-Partner kann man grob in drei Typen unterscheiden:
- Erstens sind das soziale Organisationen und Unternehmen, die bereits in der Erwachsenenbildung tätig sind und ihr Geschäftsmodell erweitern wollen. Diese müssen nicht unbedingt Vorerfahrungen aus dem Bereich Gehörlosigkeit und Gebärdensprache mitbringen. - Zweitens wären da potenzielle Social Entrepreneurs, so genannte Existenzgründer, die pädagogisches Wissen haben und idealerweise Erfahrung in der Bildung für taube und schwerhörige Menschen.

- Ein weiterer Typ sind die Organisationen der tauben Community wie z.B. Gehörlosenverbände.

 

Auch Kooperationen zwischen zwei Typen sind möglich. equalizent nutzt die Stärken der jeweiligen Typen und unterstützt sie dabei, die Fähigkeiten aufzubauen und auszubauen, die für den Betrieb eines equalizent Standortes noch fehlen.

 

Welches Kapital wird benötigt?

Die equalizent Zentrale hilft beim Aufbau und im laufenden Betrieb und erhält dafür eine Einstiegsgebühr sowie eine Umsatzbeteiligung. Details dazu können Interessenten gerne bei uns anfragen.

 

Sie haben unterschiedliche Franchise-Pakete…

Es ist ein Angebot, dass aus mehreren Teil-Paketen besteht. Das equalizent Social Franchise ist quasi der Baukasten, mit dem soziale Unternehmer oder bestehende Bildungsträger ihr eigenes equalizent Kompetenzzentrum eröffnen können. Und dieser Baukasten enthält Pakete für Schulungsteilnehmer, für (taube) Trainer und für Management & Verwaltung.

 

Ihr erste deutsche Niederlassung wird in Hamburg eröffnet. Wann ist es so weit und was wird dort angeboten?

Für Frühjahr 2021 sind die ersten Schulungen für taube Teilnehmer im equalizent Hamburg geplant. Aktuell laufen erste Einschulungen des Managements und der Mitarbeitenden. Parallel dazu sucht „ausblick Hamburg“, unsere Franchise-Partnerin in der Hansestadt, auch noch nach qualifizierten gehörlosen Lehrkräften und Coaches (https://www.ausblick-hamburg.de/ueber-uns/stellenangebote.html). equalizent schafft also auch selbst Arbeitsplätze für qualifizierte taube Menschen.

 

An welchen Standorten in Deutschland würden Sie gern expandieren?

equalizent Standorte machen wirtschaftlich Sinn an allen Orten mit einem nennenswerten Einzugsgebiet. Das sind Orte, an denen es viele taube Menschen gibt, oder die von Gehörlosen einfach z.B. mit dem Zug erreichbar sind. Dazu zählen natürlich Berlin, Köln & Umgebung, die Gegend rund um Frankfurt am Main, der Großraum München – oder eben unser erster deutscher Standort Hamburg. Aber es können auch durchaus mittlere Großstädte in Frage kommen wie Dresden oder Hannover. Wir unterstützen potentielle Franchise-Partnerinnen hier bei der Kalkulation ihres Business Case (=betriebswirtschaftliche Beurteilung einer Investition).

 

Wo können sich Interessierte über das Franchise-Angebot informieren?

Informationen in DGS und Deutsch sowie Kontaktdaten gibt es auf www.equalizent.eu. Gerne können sie uns auch auf unseren Social-Media-Kanälen folgen unter www.facebook.com/equalizent.eu , www.instagram.com/equalizent.eu und www.twitter.com/equalizent_eu

 

 

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg auch in Deutschland!

 

Text: Judit Nothdurft

Foto: © Andreas Rothe

 

 
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