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Experten-Interview Februar 2018



Mädchen wie die“ mit der gehörlosen Schauspielerin Kassandra Wedel

 

Kassandra Wedel ist Tänzerin, Theater- und Filmschauspielerin. 2016 tanzte sie sich in der ProSieben-Show „Deutschland tanzt“ in die Herzen der Zuschauer. Als einzige gehörlose Teilnehmerin kämpfte sie sich ins Finale, dass sie schließlich auch gewann. Spätestens seit dieser Show ist sie auch „in der hörenden Welt“ bekannt.

 

Am 12. Januar hat sie im Theaterstück „Mädchen wie die“ in Hannover vor ausverkauftem Haus Premiere gefeiert und die folgenden Vorstellungen waren ebenfalls ausverkauft.

 

Frau Wedel, haben Sie mit diesem Erfolg gerechnet? Wie fühlen Sie sich jetzt?

Kassandra Wedel: Erfolg ist in der Kunst nicht wirklich planbar. Erfolg selbst zu erleben ist eine Anerkennung, eine Bestätigung für gute Arbeit, und das fühlt sich gut an. Es ist schön, dass ich viele tolle Projekte machen durfte und darf. Ich bin einfach dankbar dafür, diese Arbeit tun zu dürfen und mit vielen Menschen zu teilen.

 

Sie spielen eine der Hauptrollen. Wie haben Sie sich auf die Figur vorbereitet und wie viel steckt von Ihnen persönlich in dieser Rolle?

In "Mädchen wie die" spielen alle einfach Mädchen, die alle über die Hauptfigur Scarlett reden, erzählen, lästern und beschimpfen, da ihr Nacktfoto auf Smartphones in der Schule verbreitet wurde. Scarlett tritt nicht wirklich in Erscheinung und doch spielt sie jeder von uns mal. Ich spiele also in „Mädchen wie die“ mal Täter, mal Opfer, mal Erzähler. Das Stück gibt diesem Thema und der Problematik Raum und das finde ich wichtig.

 

Können Sie kurz die Handlung von „Mädchen wie die“ erzählen?

Es geht in dem Stück um Mobbing, Internetmobbing, die Rolle der Frau in der Gesellschaft und wie Frauen untereinander sein können. Es geht aber auch darum, was sie bisher geschafft und verändert haben? Gruppenzwang und die Frage, wie man negative Auswirkungen vermeiden kann, wird ebenfalls thematisiert.

 

Theaterstücke in Gebärdensprache oder mit gehörlosen Künstlern gehören noch nicht zum Alltag. Wie sind die Zuschauerreaktionen?

Meist begeistert und beeindruckt. Und Gehörlose freuen sich sehr, dass man sowas auf der Bühne sieht besonders jetzt auch in Staatstheatern oder der Oper.

 

Ich habe letztes Jahr fünf Stücke gespielt und überall waren sowohl Hörende als auch Gehörlose berührt. Aber das liegt nicht alleine an der Gebärdensprache! Es liegt auch an der Umsetzung oder der Thematik der Stücke.

 

Was ist das für ein Gefühl, hier in Hannover mit neuen Kollegen zu spielen? Wie klappt die Kommunikation?

Ich mag meine Kollegen überall, auch die in Hannover. Ich kann mich nicht beschweren. Jedes Mal bin ich vor einem Projekt gespannt, wie es sein wird, der Ort, die Menschen, denn alles ist neu.

 

Die Kommunikation hier in Hannover klappt gut, denn die Regisseurin Wera Mahne hatte dies auch als Anliegen. Ihr war wichtig, die Gebärdensprache von Anfang an in das ganze Team mit einzubinden. So haben also alle von der Kostümbildnerin bis zu Praktikanten, Schauspielkollegen und viele Beteiligte etwas mehr gebärden gelernt, damit die Kommunikation direkt leichter klappt.

Aber wir hatten auch immer Dolmetscher bei den Proben.

 

Konnten Sie schon einige Theaterkollegen mit Ihrer Gebärdensprache „anstecken“?

Ja bisher alle! Egal, wo ich bin und arbeite, alle sind immer neugierig und lernen etwas, Regisseure, Assistenten und viele andere, mit denen ich arbeite oder die mir über den Weg laufen.

 

Im März sind noch weitere Vorführungen geplant

Wir spielen das Stück voraussichtlich bis zum Sommer, man hat also mehrere Chancen das Stück noch sehen zu können. Man kann sich beim Theater oder dessen Homepage informieren.

 

Momentan sind Sie auf der Theaterbühne zu sehen, Sie spielen aber auch in Filmen und haben auch noch Ihre Tanzprojekte. Was machen Sie am liebsten von all diesen künstlerischen Aktivitäten?

Das kann ich gerade nicht sagen. Ich mag alles! Solange ich spielen und tanzen kann, das machen kann was ich gerne tue!

Ich mische auch viel, denn ich mag die Abwechslung und erforsche gerne Neues, beim Tanzen spiele ich oder tanze beim Spielen oder auch mal nicht.

 

Wie würden Sie Erfolg definieren und was bedeutet er für Sie?

Hmm sehr gute Frage! Was bedeutet für Sie denn Erfolg? Erfolg ist für mich so etwas wie ein überraschender Besucher. Er kommt zur Tür herein, du spürst er sitzt da, wenn er zulange da sitzt und Ansprüche stellt, kann so ein Besuch auch unangenehm werden und man möchte ihn vielleicht wegschicken. Erfolg hat viele Seiten, auch seine guten und vermutlich zeigt er sich in diverser Form / Gestalt.

 

Es gibt ja verschiedene Arten von Erfolg, persönlicher Erfolg oder finanzieller Erfolg. Zum Beispiel, ich habe letztes Jahr mein eigenes Tanztheaterstück gemacht. Das war für mich ein persönlicher Erfolg! Es kam gut an, die Leute mochten das Stück und das Team. Ich weiß noch, wie wir als Team gesagt haben, egal wie es ankommt, wir lieben es. Es war ein Herzensprojekt, es hatte uns viel gegeben.

Selbst, wenn sie es mit Tomaten beworfen oder kritisch zerrissen hätten, wäre dies für mich trotzdem Erfolg gewesen! Wir mochten einfach unsere Arbeit, wir hatten eine tolle Zeit, ein Weiterkommen, etwas, das uns niemand hätte nehmen können.

 

Wir haben zwar zwei Preise gewonnen, das sehe ich als Anerkennung, aber es heißt z.B. nicht, dass auch ein finanzieller Erfolg da ist.

Erfolg ist, denke ich so etwas wie ein Weiterkommen, eine Veränderung!

 

Welche Aufgaben warten noch auf Sie dieses Jahr? Sehen wir Sie auch an den Kulturtagen in Potsdam?

Ich probe schon an dem nächsten Stück „FIL - frz. Faden“ für das Grenzgänger-Festival, am 14.3. Tamstheater / München.

Gleichzeitig bin ich noch in „Luegen", Münchner Kammerspiele, zu sehen, „Mädchen wie die“, Staatstheater Hannover, „Diener zweier Herren“, DGT, und es kommen einige neue Sachen hinzu. Ihr dürft euch überraschen lassen!

 

Voraussichtlich werde ich auch an den Kulturtagen in Potsdam tanzen.

 

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!

 

Text: Judit Nothdurft

Foto: Nicolas Priso

 

 
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